Juli 2004
Afghanistan, das ist nach mehr als 30 Jahren Krieg eigentlich nur noch eine Mondlandschaft. Sogar in der Hauptstadt Kabul ist so gut wie jedes Haus zerstört – oder es wird gerade zerstört. Als ich im Juli 2004 auf dem Kabul International Airport (KAIA) gegen fünf Uhr morgens aus einer Transall stolperte, dachte ich, in der Steinzeit gelandet zu sein. Weit und breit war kein Baum, kein Strauch, kein grünes Blatt zu sehen; der Sonnenaufgang über dem Hindukusch-Gebirge hatte dabei etwas Endzeitmäßiges. Mehr erfahren
Er ließ Häuserruinen aus der Dunkelheit auftauchen, die von Einschüssen aller Kaliber durchwirkt waren und in denen Menschen mit ihren Tieren am offenen Feuer saßen. Niemand weiß so genau, wie viele tausend Flüchtlinge Tag und Nacht vom kargen Land in die Hauptstadt strömen, und wer davon Taliban oder Terrorkämpfer ist. Niemand weiß so genau, wie viele Menschen in Kabul überhaupt leben. Und warum? Ja, warum? Selbst wenn man die ständigen Bombenanschläge, Raketenangriffe und Feuerüberfälle auf Polizeistationen, Schulen, westliche Hilfsorganisationen und ISAF-Truppen ausblenden würde, steigen die Temperaturen dort spätestens nach neun Uhr morgens auf mindestens 40 Grad. Dazu gesellt sich dieser sehr feine, ockerfarbene Sandstaub, der in jede Ritze, in jede Hautpore kriecht und der in Verbindung mit der Trockenheit dafür sorgt, das nach mindestens fünf Tagen Afghanistan die Nase ständig blutet. Im Juli 2004 war es jedoch im Kabuler Bereich recht friedlich, wenn man das für afghanische Verhältnisse so nennen darf. Wichtig zu wissen ist, dass dort die verschiedenen Volksstämme unterein-ander verfeindet sind, und man sich so auch mal häufiger in der Hauptstadt von Straßenseite zu Straßenseite eine Rakete in den Vorgarten schießt.